Vorweg möchte ich die Tatsache stellen, dass die Entscheidung der Bürger im April vergangenen Jahres für einen Inselhafen an der Spitze der Seebrücke für alle verbindlich ist. Auch wenn natürlich der eine oder der andere Gemeindevertreter nach wie vor dazu eine andere Meinung hat: Zur Demokratie gehört, dass Mehrheitsentscheidungen akzeptiert werden.
Im Werben um die Zustimmung der Bürger für ein „Ja“ wurde allerdings durch den Bürgermeister und seine Wählergruppe immer wieder betont, dass keinerlei Kosten für die Gemeinde entstehen und der durch den Hafen zu erwartende Aufschwung für den Tourismus zusätzlich mit Fördergeldern für die infrastrukturelle Anbindung maßgeblich verstärkt wird. Dies hat sicherlich mit-entscheidend zum Ergebnis beigetragen. Wie sieht nun die Wirklichkeit aus?
In der November-Sitzung der Gemeindevertretung wurde uns eine Vereinbarung zwischen der Gemeinde und dem Land MV vorgelegt, in dem klare Regelungen und Verpflichtungen für die Gemeinde enthalten sind. In der Diskussion über diese Vereinbarung wurden aus den Fraktionen des Gewerbevereins und der Handwerker Fragen gestellt. Unter anderem zur Regelung der Nutzungsentschädigung für die Seebrücke und auch zum Bauablauf und den Beeinträchtigungen für Strand und Tourismus. In den letzten Punkten wurden wir auf „später“ vertröstet. Zur Nutzungsentschädigung kam die klare Ansage: Gar keine! Zur Erinnerung: Im Vorfeld der Diskussionen zu den Standorten Prerow oder Zingst war beispielsweise aus unserer Nachbargemeinde die klare Aussage zu hören, dass man dem Land die Seebrücke nur für einen Millionenbetrag zur Verfügung stellen würde! Herr Bürgermeister Roloff kommentierte die Ablehnung jeglicher Nutzungsentschädigung für Prerow mit dem Hinweis, dass Prerow ja durch die Zustimmung zur Bereitstellung der Seebrücke Förderungen in ungeahntem Ausmaß erhalten werde. Vielleicht hat er dabei vergessen, dass in Aussicht gestellte Fördermittel fast immer in die Schublade „Hoffen und harren“ fallen.
In diesem Zusammenhang sei aus einer Stellungnahme der Kommunalaufsicht zur Nutzungsvereinbarung der Seebrücke zitiert: „Dass weitergehende Kosten, die nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Errichtung des Nothafens stehen sondern entweder ohnehin oder im Interesse der Gemeinde anfallen könnten, von der Gemeinde zu tragen sind, erscheint selbstverständlich“
Die Diskussion über die zu schließende Vereinbarung endete abrupt, als uns vom Bürgermeister mitgeteilt wurde, dass er ohne jeglichen Beschluss und ohne Zustimmung der Gemeindevertretung diesen Vertrag unterschreiben werde (was er zwischenzeitlich auch getan hat), da ihm die Rechtsaufsichtsbehörde bestätigt habe, dass dies allein in seiner Zuständigkeit liegt! Daraufhin beendete die Gemeindevertretung durch Mehrheitsbeschluss diese Diskussion, die in Wirklichkeit lediglich eine wohlwollende Information über die Allein-Entscheidung von Herrn Roloff war. In keinerlei Weise war es uns möglich, auch nur ganz allgemein den zwingend erforderlichen Regelungsbedarf für die wichtigen Belange Bauzeit und Ablauf, Mitbestimmung der Gemeinde bezüglich der Zufahrtsregelung und allgemeinen Betrieb des Hafens, Verbindlichkeit für die Liegeplätze Fahrgastschiff und Fischerei oder auch eine Verantwortlichkeit des Landes für alle eventuell folgenden Negativ-Auswirkungen auf Strand und Tourismus zu berücksichtigen. Wenn so der Beginn einer Zusammenarbeit aussieht, dann darf sich jeder lebhaft ausmalen, wie es später weiter gehen könnte….
Meiner Einschätzung nach ist es unbedingt erforderlich, vor Planungs- und Baubeginn möglichst alle Beeinträchtigungen und Belästigungen für unsere Gäste und unseren Strand (wie z.B. LKW-Verkehr zur und auf der Seebrücke, erheblicher Lärm durch Steinschüttungen für Molen, Wasserverschmutzungen u.a.) zu erfassen und schon jetzt und heute auf den entsprechenden Regelungsbedarf im Nutzungsvertrag der Seebrücke hinzuweisen. Das Motto „das machen wir dann später“ ist keine Lösung von Problemen, sondern Vorprogrammierung erheblicher Streitereien. Und voraussichtlich mit einem Ausgang, der zu Lasten unserer Gemeinde gehen wird.
Weiterhin stand die geplante gravierende Erhöhung der Fremdenverkehrsabgabe in direktem Zusammenhang mit kommunalen Kosten für den Ersatzhafen. Verständlicherweise sind Bearbeitung und Entscheidungen über Fördermittelanträge für einen um den Liegeplatz für das Fahrgastschiff erweiterten Hafen nur nach sachlicher Vorbereitung möglich. Dazu gehört auch eine Machbarkeitsstudie, ob der Betrieb eines solchen Fahrgastschiffes finanziell überhaupt möglich ist. Sehr deutlich wurde durch die Landesregierung dargelegt – wenn auch öffentlich niemals so deutlich herausgestellt –, das ein Liegeplatz für ein Fahrgastschiff selbstverständlich (wenn auch mit Fördermittelanteil) durch die Gemeinde Prerow bezahlt werden muss! Und die oben angeführte Bestätigung der Rechtsaufsichtsbehörde hinsichtlich der touristisch bedingten Kosten unterstreicht dies noch einmal. Den Gemeindevertretern wurde vom Bürgermeister und vom Amt mitgeteilt, dass die (möglicherweise ebenfalls förderfähige) Machbarkeitsstudie 75.000 € kosten wird. Ohne jegliche Belege für diese Kostenschätzung, ohne irgendwelche Angebote ausgewiesener Planungsbüros. Einfach so einmal 75.000 €, zu zahlen durch die Bürger und Vermieter und Gewerbetreibenden unseres Ortes in Form der Fremdenverkehrsabgabe. Und damit der Geldregen auch für das nächste Jahr gleich in vollen Flüssen erfolgen kann, wurden für 2017 ebenfalls 75.000 € für Studien mit unbekanntem Thema und unbekanntem Ziel eingeplant. Wiederum zu zahlen durch die Fremdenverkehrsabgabe, welche bekanntlich von 8 Euro auf 20 Euro erhöht werden sollte! Als die Mehrheit der Gemeindevertretung diese Selbstbedienung ablehnte, wurde das Ende der touristischen Entwicklung in Prerow herbei geschrieben! Meinungsfreiheit, wenn auch auf der Grundlage von Kenntnisfreiheit.
Ralf Lohmeyer
954 Gedanken zu „Ein Hafen vor der Seebrücke Prerow – entscheidender Impuls für die touristische Entwicklung ohne Kosten für die Gemeinde?“