In der Vereinbarung zur Seebrücke mit der Landesregierung ist zur Kostenteilung festgelegt worden, dass durch die Gemeinde nur die Reparaturen zu tragen sind, die im Normalfall auch ohne Hafen anfallen würden. Das ist, wie man so sagt, aber nur die halbe Miete.
Die ersten Kosten sollten bereits mit dem 1. Planungsschritt 2016 verbunden sein. Auf ihrer Sitzung im Januar 2016 hatte die Mehrheit der Gemeindevertretung (Fraktion Gewerbeverein + Handwerker) gegen die Aufnahme von 75.000 € in den Wirtschaftsplan des Kur- und Tourismusbetriebes gestimmt. Diese Summe und im Jahr 2017 wieder 75.000,- € waren für Machbarkeitsstudien in Zusammenhang mit dem Hafen vorgesehen. Da dieses Geld dem Kurbetrieb nicht in den Schoß fallen würde, sollte die Bettensteuer von 8 auf 20 € erhöht werden. Diese vom Bürgermeister geplante Erhöhung wurde durch die Mehrheit der Gemeindevertretung abgelehnt.
Für die Seebrückenvereinbarung zwischen der Landesregierung und der Kommune war nach Aussage des Bürgermeisters vor der gesamten Gemeindevertretung keine Unterschrift außer seiner eigenen notwendig (Auskunft der Rechtsaufsichtsbehörde). Drei Wochen später klang dies dann schon ganz anders: „Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Vereinbarung mit dem Land MV sei sehr wohl die Unterschrift eines stellvertretenden Bürgermeisters!“ So die Forderung der Kommunalaufsicht. Daraufhin wurde die Unterschrift von den Stellvertretern abgefordert – und durch den 1. und 2. stellvertretenden Bürgermeister verweigert. Sicherlich verständlich, denn unmittelbar vor der Aufforderung zur Unterschrift hatte die Gemeindevertretung mehrheitlich entschieden, dass sie die vom Bürgermeister bereits unterschriebene Vereinbarung nicht billigt.
Um die fehlende Unterschrift durchzusetzen erfolgte jetzt eine Maßnahme der Kommunalaufsicht, die zwar durch die Kommunalverfassung ermöglicht wird, aber ganz empfindlich in die Eigenentscheidung der Kommune eingreift. Mit Schreiben vom 17.März 2016 erhielt die Gemeinde ein vom Landrat getroffene Festlegung: (Zitat – Auszüge)
„Verfügung: Die leitende Verwaltungsbeamtin des Amtes Darß/Fischland, Frau Kathrin Kleist, wird gem. § 83 Abs. 1 KV M-V als Beauftragte in der Funktion des stellvertretenden Bürgermeisters mit der ausschließlichen Befugnis bestellt, die nach § 39 Abs. 2 Satz 6 KV M-V notwendige zweite Unterschrift für die Gemeinde Prerow auf der mit dem Land Mecklenburg-Vorpommern getroffenen Vereinbarung über die Nutzung der Seebrücke zur Anbindung eines Inselhafens zu leisten……..“.
Das sehr umfangreiche Schreiben des Landrates enthielt neben einer ausführlichen Begründung zur Kostenteilung beim Erhalt der Seebrücke folgenden interessanten Satz: „Es versteht sich von selbst, dass weitere Kosten, die nicht im Zusammenhang mit der Nutzung der Seebrücke zur Erschließung des Inselhafens stehen, ebenso wie Kosten, die ggf. im Zusammenhang mit der Verbesserung der touristischen Infrastruktur anfallen, von der Gemeinde zu tragen wären.“ Einen Hinweis auf eine Unterstützung durch Fördergelder, geschweige denn auf zugesagte Fördermittel, existierte in diesem Zusammenhang nicht. Es wird lediglich noch einmal begründet, warum die Zwangsmaßnahme einer 2. Unterschrift durch einen Außenstehenden erfolgen musste.
Die Bedenken der Gemeindevertretung und der beiden stellv. Bürgermeister, die mit der Zweitunterschrift die Gemeinde Prerow verpflichtet hätten, die Seebrücke in jedem Fall für das Land auf Kosten der Gemeinde betriebsbereit zu erhalten, wurden nicht beachtet. Da die Seebrücke seit der Inbetriebnahme mit nur einem Euro ( € 1,-) im Anlagevermögen des Kurbetriebes aufgeführt wird, erfolgten keine Abschreibungen. Auch Rücklagen für den Erhalt der Brücke existieren nicht. Damit würde für die Gemeinde ein unbekanntes finanzielles Risiko entstehen.
Gegen die in der Folge durchgesetzte Verfügung des Landrates ist deshalb durch die Gemeindevertretung ein Widerspruch beschlossen worden (Dringlichkeitssitzung am 7.April 2016).
Da bisher völlig unklar ist, welche Kosten auf die Gemeinde in Zusammenhang mit der Bereitstellung der Seebrücke als Zufahrt für den vom Land betriebenen Hafen zukommen werden, beschloss die Gemeindevertretung in ihrer Sitzung am 21.04.2016, die finanziellen Aufwendungen für den Erhalt der Seebrücke in den nächsten etwa 50 Jahren (Lebensdauer Hafen?) von einem Gutachter feststellen zu lassen. Entscheidend ist dabei, dass die Gemeindevertreter vor Abschluss irgendwelcher Verträge dafür sorgen sollten, dass sämtliche finanziellen Risiken für den Ort und seine Einwohner geklärt werden. Die Frage nach den Kosten der Seebrücke ist also zur Zeit noch völlig offen.
Es kann nur angenommen werden, dass der Preis für die Seebrücke und die gewünschten landseitigen Strukturveränderungen bei zweifelhaftem Nutzen sehr hoch liegen wird. Das mag zwar von einigen nicht so gesehen werden, aber vielleicht sollte man doch noch einmal einen Blick in das von Prof. Rasmussen im Jahre 2010 angefertigte Gutachten zum Hafenbau und seinen touristischen Auswirkungen werfen.
Dr. Burkhardt Günther, Prerow